Interview mit Tania Woodhatch von «Würzmeister»

2012 gründeten Tania und Yves Woodhatch „Würzmeister“. Sie verkaufen Gewürzmischungen, die Yves selber herstellt. Was als Hobby begann, entwickelte sich dank der grossen Nachfrage zu ihrem Beruf. Als Webagentur konnte Sam Steiner Würzmeister in der Startphase unterstützen. Hier im Interview erzählt Tania, wie „Würzmeister“ vom Start-Up mit viel Leidenschaft und kleinem Budget zu einem professionellen Unternehmen wurde, und wie ihre Web-Marketing-Strategie heute aussieht.

Tania, Würzmeister hat von Anfang an stark auf Web-Marketing gesetzt. Welche Strategie steckte dahinter?

Tania Woodhatch: Würzmeister war am Anfang einfach ein Hobby meines Mannes. Er kann aufgrund chronischer Schmerzen keiner regelmässigen Arbeit nachgehen. Yves ist ein leidenschaftlicher Koch und hat schon früher oft selbstgemachte Gewürzmischungen verschenkt. Die Resonanz wurde mit der Zeit so gross, dass wir gemerkt haben, wir müssen da einfach etwas auf die Beine stellen. Für mich war aber klar, dass das nebenbei laufen würde. Da war ein Online-Shop naheliegend: Das ist einfach und kostet praktisch nichts. Und weil ich damals seit zwei Jahren auf Twitter dabei war, nutzte ich diese Plattform, um unser Startup bekannt zu machen.

Warum gerade Twitter?

Ich finde Twitter die coolste Plattform! Dass ich persönlich schon dabei war und es total liebte, machte ganz viel aus. Das ist viel einfacher, als wenn man als Unbekannte direkt mit einem Firmenaccount auf eine Plattform aufspringt. Viele Leute kannten mich schon. Sie verfolgten Würzmeister von Anfang an und unterstützten uns. In den ersten Monaten kamen die Bestellungen vor allem von Leuten, deren Namen wir kannten.

„On- und Offline-Präsenz sind ein Ganzes“

Tania und Yves Woodhatch mit zwei Helferinnen an einer Messe (Alle Bilder: Würzmeister)

Was hat sich seither verändert?

Ich habe Mitte 2016 meinen Job aufgegeben und arbeite jetzt voll für Würzmeister. Das bedeutet zwar, dass ich mehr Kapazität habe, aber auch mehr Druck. Der grösste Unterschied sind aber für uns die Messen. 12 bis 14 Mal im Jahr sind wir mit einem Stand an regionalen Gewerbeausstellungen und Gourmet-Publikumsmessen präsent. Die Leute schätzen den persönlichen Kontakt sehr! An den Messen werden wir auch oft auf unsere Angebote für Firmenkunden angesprochen. Diese sind eine Erfolgsgeschichte für sich: Wir bieten individualisierbare Geschenkboxen an, und diese generieren mittlerweile rund die Hälfte unseres Umsatzes.

Sind Social Media durch die Messe-Einsätze weniger wichtig geworden?

Nein: Ich sehe On- und Offline-Präsenz als ein Ganzes. Es braucht mehrere Kontaktpunkte. Nicht jeder ist auf Twitter, aber viele sind auf Facebook. Sie sehen uns persönlich auf einer Messe, stolpern dann über einen Facebook-Post von uns und wir kommen ihnen bekannt vor. Heute werden unsere Produkte auch in ungefähr 25 Läden verkauft – noch ein Kontaktpunkt.

«Interagieren, statt nur posten»

Wie würdest du eure Online-Strategie beschreiben?

Grundsätzlich macht es nur Sinn, auf einer Social Media-Plattform präsent zu sein, wenn man es auch gerne tut und auf Augenhöhe kommuniziert. Wir wollen die Leute inspirieren, nicht ihnen ständig etwas verkaufen. Interagieren, statt nur posten. Automatisierte Posts oder nicht auf ein Mention reagieren, das geht für mich nicht.

Wachstum: Besucherinnen und -Besucher auf wuerzmeister.ch seit Januar 2014.

Welche Plattformen nutzt ihr?

Twitter, wie schon erwähnt. Da zählt es, schnell und nahbar zu sein. Auf Twitter fragen Leute schon mal: „Ich koche dieses Essen, welches Gewürz passt dazu?“. Da wollen wir schnell reagieren können. Dann nutzen wir Pinterest, posten dort Rezepte und haben einige Boards. Auch einen Instagram-Account haben wir, den wir gelegentlich nutzen. Deutlich aktiver sind dort aber unsere Kunden.

Das heisst?

Leute fotografieren, was sie mit unseren Gewürzen gekocht haben. Die Posts mit dem Hashtag #wuerzmeister werden automatisch auf unsere Website übertragen. Ich finde es sehr schön, wenn sich die Leute so inspirieren lassen können! Neu fordern wir die Leute auch auf unserem Flyer dazu auf, den Hashtag auf Instagram zu verwenden. Weiter versenden wir einen Newsletter und veröffentlichen News und Rezepte auf unserer Website wuerzmeister.ch.

„Unsere Kunden sind unsere Promotoren“

Vor einigen Tagen hattet ihr auf Facebook eine spannende Aktion: Kunden und Freunde sollten bei der Namensfindung für eine neue Gewürzmischung helfen.

Die Antworten folgten auf dem Fuss – innerhalb von 24 Stunden hatten bereits rund 40 Personen mehr als 70 Vorschläge gebracht – wir sind überwältigt und konnten bereits einen wunderbaren Namen auswählen. Auf Facebook erreichen wir eine breite Masse, und auf unsere aktive Community können wir zählen.

Habt ihr für Facebook eine definierte Strategie?

Vor zwei Jahren organisierten wir für Würzmeister einen Workshop zum Thema Content Marketing, zu dem wir einzelne Kunden und Freunde einluden zum Brainstorming. Aus diesem Workshop legten wir eine Strategie fest, definierten Kundengruppen und deren Bedürfnisse und Interessen. Diese Strategie habe ich im Hinterkopf und sie hilft mir sehr. Ich konnte aber bisher aus Zeitgründen noch nicht alles umsetzen.

Geschenkboxen von Würzmeister.

Hast du einen Redaktionsplan?

Nein, obwohl ich schon lange einen machen will. Wir posten ad hoc, teilweise auch nur einmal in der Woche, aber dafür etwas Interessantes.

Nutzt ihr Facebook-Gruppen?

Bisher haben wir nur eine Seite.

Auch aus Zeitgründen?

Nur teilweise. Zu unserem Konzept gehörten eigentlich auch Promotoren. Dafür würde sich eine geschlossene Facebook-Gruppe eignen. Doch momentan sind wir in der komfortablen Lage, dass die meisten unserer Kunden ohnehin Promotoren sind. Viele schwärmen von Würzmeister, bringen Gewürze als Geschenk mit und erzählen Nachbarn und Freunden davon. So kamen auch alle unsere Firmenkunden auf uns zu, ohne dass wir selber aqurierten. Jemand sagte mir mal: „Weisst du, ihr habt gar keine Kunden – nur Fans!“ Dass es so gut laufen würde, konnten wir am Anfang gar nicht wissen. Weil wir eine überdurchnittlich hohe organische Reichweite haben,  bewerben wir die Facebook-Posts im Normalfall auch nicht.

„Wir leben, was wir reden“

Was macht das Persönliche aus?

Die Leute wissen, dass wir alles selber und in Handarbeit herstellen. Sie lernen uns persönlich kennen auf Social Media und an den Messen. Man kann auf Voranmeldung auch unsere Produktion in Kloten besichtigen. Ein ganz wichtiger Punkt ist, dass wir authentisch sind: Wir leben, was wir reden. Mein Mann macht die Gewürze aus Leidenschaft. Und ich will mit Würzmeister das Soziale weiterhin leben, das ich vorher in meinem Beruf in der Arbeitsintegration hatte.

Yves Woodhatch beim Mischen von Gewürzen.


Was heisst das?

Wir wollen Menschen begleiten und einen Unterschied in ihrem Leben machen. Wir kochen dreimal in der Woche bei uns zu Hause Zmittag für Menschen, die langzeitarbeitslos oder psychisch angeschlagen sind. Viele unserer Gäste helfen gerne beim Einpacken und Etikettieren mit. Dann bieten wir Praktika an für Menschen, die wieder in den ersten Arbeitsmarkt einsteigen wollen. Ich glaube, es ist das Gesamtpaket – von den Produkten, die ohne Zusatzstoffe auskommen und teilweise bio-zertifiziert sind, über das professionelle Design, bis zu den persönlichen Beziehungen und dem sozialen Aspekt.

Du hast den Mittagstisch erwähnt. Dann sitzt du im Gemeinderat und singst in einer Band. Wie viel Zeit bleibt dir da überhaupt für Web-Marketing?

Ehrlich gesagt, bin ich schon froh, wenn ich bei Würzmeister mit der Buchhaltung und Administration einigermassen hinterherkomme. Über den Daumen gepeilt, brauche ich etwa ein bis zwei Stunden pro Woche für Würzmeister-Online-Aktivitäten. Damit wir da trotzdem mehr herausholen können, erstellen wir demnächt im Rahmen des Profitlabor-Bootcamps einen Sales Funnel. Da mache ich gleich mit unserer Assistentin mit, die wir seit kurzem in einem 20%-Pensum eingestellt haben.

„Meine Angst war lange, dass wir zu schnell wachsen“

Das heisst, in der nächsten Zeit wollt ihr betreffend Online-Marketing mehr Gas geben?

Genau. Bisher haben wir da nicht viel getan: In der Weihnachtszeit werden wir ohnehin überrannt, seit einiger Zeit nutzen wir auch Google AdWords. Meine grösste Angst war lange, dass wir zu schnell wachsen.

Hibiskussalz von Würzmeister.

Warum?

Wir wollen die Handarbeit und das Persönliche, Familiäre bei Würzmeister behalten. Und die Arbeit muss mit der labilen Gesundheit meines Mannes vereinbar sein. Gleichzeitig müssen wir aber noch ein wenig wachsen. Finanziell ist es noch zu knapp, seit mein Fixlohn weggefallen ist.

Wie viel Wachstum ist noch möglich?

Mit unseren Kapazitäten sollte das Vier- bis Fünffache des jetzigen Umsatzes möglich sein.

Das Interview führte Evelyne Baumberger.

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