Facebook-Seiten sind nicht sozial. Ja, richtig gelesen: Obwohl Facebook zu den «Sozialen Medien» gehört, sind die Seiten nicht sozial. Eine Facebook-Seite ist klassische «One-to-Many»-Kommunikation: Sender an Empfänger.
Gnädigerweise erhalten die Abonnenten der Seite die Möglichkeit, noch ein bisschen zu kommentieren und zu liken. Gewicht haben die Kundenstimmen aber wenig.
Aber es gibt ja auch Gruppen…
@samsteiner Gruppen sind bei mir der Hauptgrund, warum ich FB überhaupt nutze. Gerundet 100% meiner Zeit auf Facebook bin ich in Gruppen…
— Arto Steiner (@chloraldo) April 22, 2017
Facebook-Gruppen: Win-win-Situation
Sozial wird Facebook für Unternehmen erst mit Gruppen. Ein fiktives Beispiel: Ein Velohändler startet eine Gruppe für Leute, die gerne Ausflüge mit dem E-Bike unternehmen. In der Facebook-Gruppe werden E-Bike-Touren geplant, Tipps ausgetauscht, der Velohändler kann auf Sonderaktionen aufmerksam machen.
Eine Win-win-Situation: Die Kunden wachsen zu einem Netzwerk zusammen, treffen sich auch offline, erhalten vom Händler Tipps und Rabatte. Die Facebook-Gruppe ist eine Bereicherung für sie.
Und für den Händler? Er weiss aus erster Hand, was seine Kundschaft für Anforderungen an seine E-Bikes hat. Vielleicht bekommt er Ideen für sein Sortiment, erfährt aber auch, welche Probleme mit Produkten auftreten können. Und der Händler schafft mit der Gruppe ein loyales Netz von Kunden, die sich von ihm persönlich wertgeschätzt fühlen und ihn weiterempfehlen.
Die Facebook-Gruppe ist keine einseitige Werbekommunikation, sondern schafft für alle Beteiligten Mehrwert. Das ist wirklich sozial.
Neugierig geworden?
Jetzt geht es darum, herauszufinden, ob eine Facebook-Gruppe (oder eine andere Art Online-Community) für euer Unternehmen geeignet ist. Ist eure Firma schon bereit dafür?
Nach dem Lesen dieses Blogposts wisst ihr, wie eine Facebook-Gruppe lebendig gehalten und gepflegt werden kann. Welche Ziele man damit verfolgen kann und welche Privatsphären-Einstellungen für welche Art von Gruppe Sinn machen. Und natürlich erzähle ich auch von meinen eigenen Erfahrungen im Aufbau und in der Pflege von Communities.
Seiten und Gruppen im Vergleich
Facebook-Seiten sind für Unternehmen unerlässlich. Sie haben durchaus Vorteile:
- Seiten sind sehr einfach nutzbar
- Sie bieten viele Funktionen (und Statistiken) für Zielgruppen-Marketing
- Es kann fast nichts schief gehen, denn die Nutzer haben wenig Einfluss auf die Seite
Dafür sind echte Interaktion und lebendige Community auf einer Facebook-Seite nicht möglich.
Unternehmen, die wirklich einen Dialog mit ihren Kunden führen wollen, die offen sind für Stimmen ihrer Fans und Kritiker, sollten sich Facebook-Gruppen zunutze machen.
In einer Gruppe haben Mitglieder mehr Möglichkeiten: Nutzer können Beiträge erstellen an der Pinwand teilen. So setzen sie eigene Themen und geben Impulse.
Als Mitglied einer Gruppe fühlt man sich wichtig. Man kann eigene Inhalte prominent teilen. Die Beiträge sind sichtbar und werden mit anderen diskutiert.
Früher sprach man vom Konzept “User Generated Content”: Nutzer beteiligen sich, Kunden geben Mehrwert ins Unternehmen rein. Dies geschah zum Beispiel in Foren oder Support-Plattformen, wo sich die Kunden gegenseitig Tipps und Hilfestellungen geben konnten. In Facebook-Seiten ist dieser Aspekt total weg – in Facebook-Gruppen kann man diese Möglichkeit nutzen.
Seid ihr bereit dafür?
Nicht für jedes Unternehmen ist eine Gruppe das Richtige. Zwei Faktoren entscheiden. Zuerst der unwichtigere, der Aufwand: Eine Gruppe muss aktiv gepflegt werden. Es gilt, Fragen zu beantworten, Auskunft zu geben. Das braucht Manpower.
Eine Gruppe braucht auch «Monitoring», also «Beaufsichtigung». Weil alle Mitglieder Beiträge posten können, kommt es auch ab und zu zu Spam. Oder Mitglieder versuchen, Werbung für eigene Angebote zu veröffentlichen. Da muss man zackig reagieren und entsprechende Beiträge löschen können.
Entscheidend, ob eine Faceboook-Gruppe zur Firma passt, ist aber die Firmenkultur. Seid ihr so weit, dass ihr mit Dialog, mit externen Meinungen und auch mit öffentlicher Kritik umgehen könnt? Wie werden Vorschläge und Reklamationen in die Produktentwicklung integriert? Hat konstruktives Feedback einen Einfluss auf die Prozesse im Kundenkontakt?
Aus meiner Praxis weiss ich: Viele Unternehmen sind dafür noch nicht bereit. Für sie sind die simpleren Facebook-Seiten sicher besser, weil risikofrei.
Drei wichtige Faktoren für den Erfolg einer Gruppe
Schon bevor es Facebook gab, baute ich eine Community im Internet auf. 1999 habe ich Bassic.de gestartet, eine Online-Community für Bassisten. Als ich sie verkaufte, hatte die Seite über 70’000 Mitglieder.
Das passierte nicht automatisch, sondern erforderte viel Engagement. Im Vergleich mit Community Management ist Community Building, der Aufbau einer Gruppe, nämlich pickelharte Arbeit.
Drei wichtige Erfahrungen, die ich aus dieser Zeit mitgenommen habe:
1. Offline-Treffen
Mit meinem alten, verrosteten roten Suzuki Swift fuhr ich immer wieder nach Deutschland, um Bassisten zu treffen. Weite Strecken und viel Zeitaufwand – doch diese Begegnungen im realen Leben waren essentiell für den Aufbau der Community. Ich verdiente mir das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit von Leuten, die ihrerseits viele Kontakte in der Bassistenszene hatten.
2. Gamification: Den Spieltrieb ansprechen
Auf Bassic.de konnten Mitglieder mit ihrer Aktivität auf der Plattform, also mit Beiträgen und Kommentaren, Punkte sammeln. Bei 5000 Punkten, also nach richtig viel Einsatz, konnten sie sich einen Pokal kaufen. Der war jedoch nicht für sie: Einen Pokal schenkte man einem anderen Mitglied der Community, als Dank für Freundschaft und Tipps.
Punkte sammeln, gegen Pokale eintauschen: Solche Mechanismen sind zeitlos. Sie sprechen den Spieltrieb von uns Menschen an. Deswegen nennt man sie «Gamification»: Etwas wird zu einem Spiel gemacht.
Das funktioniert auch in Facebook-Gruppen. Um sie aktiv zu halten, sollte Gamification bedacht und genutzt werden. Zum Beispiel eine Top-Ten-Liste der aktivsten User, oder eine monatliche Rangliste, welche Inhalte am meisten geliked oder kommentiert wurden. Dafür gibt es dann einen speziellen Rabatt, ein Goodie o.ä. Um die Aktivität der Nutzer zu messen, gibt es auch externe Tools.
3. Kultur der Wertschätzung
Man schenkt jemand anderem einen Pokal: In diesem Beispiel erleben Community-Mitglieder ganz konkret, dass andere sie wertschätzen. Dies sollte aber auch im normalen Umgang in der Gruppe geschehen.
Es muss eine Kultur geschaffen werden, in der alle Fragen erlaubt sind. In der es auch okay ist, die gleiche Frage auch ein zweites Mal zu stellen. Zu oft gibt es Meckerer-Gruppen, in denen es heisst: «Nutz doch die Suchfunktion in der Gruppe, du Idiot.» Dabei kann eine erneute Diskussion von «alten» oder angeblich «dummen» Fragen auch überraschende Aspekte generieren. Davon hat schlussendlich jeder etwas.
Eine Gruppe, in der sich jeder und jede willkommen fühlt, kann durch entsprechende Moderation begünstigt werden.
Mögliche Ziele für Gruppen
Der Velohändler im Beispiel hat mit seiner Facebook-Gruppe eine Community geschaffen, die sich auch offline trifft. Ein Produkt – das E-Bike – steht im Zentrum, der Händler fungiert als Dienstleister und Experte. Er erreicht mit der Gruppe verschiedene Ziele.
Mögliche Facebook-Gruppen mit unterschiedlichen Zielen:
- Austausch in einem Team (z.B. Community Manager einer grossen Firma), Kommunikation mit einer Klasse oder ehemaligen Kollegen
- Fachgruppe zu Branchenthema: Austausch und eigene Positionierung als Experte (siehe z.B. diese Gruppe)
- Support zu einem bestimmten Produkt oder «Kunden helfen Kunden»
- Interessensgemeinschaft (Austausch unter Fachpersonen, in einer Kleinstadt, in einem Unternehmen mit verschiedenen Standorten)
- Botschafter, «Ambassadoren» für eine Marke, ein Produkt oder in der Politik (Infos über Neuheiten, Austausch)
- Kunden-/»Fan»-Gruppe: Zum Beispiel kann der Velohändler in seiner Facebook-Gruppe bei Saisonschluss Feedback zu bestimmten Produkten oder generell zu seinen Angeboten einholen. Es können auch die besten Kunden in eine «geheime» Facebook-Gruppe eingeladen werden, wo sie Verbesserungsvorschläge einbringen können und dafür neue Produkte zuerst testen dürfen.
- Koordination von einer Veranstaltung/Konferenz (laufend Fortschritte kommunizieren)
Was wäre als Unternehmen euer Ziel mit einer Gruppe? Wo könnte eine Gruppe eure Prozesse ergänzen und bereichern? Wie müsste der Dialog mit euren Kunden in einer Community aussehen, um für beide Seiten ein Gewinn zu sein?
Facebook erleichtert technisch den Aufbau von Communities. So gibt es zum Beispiel spezielle «An- und Verkaufsgruppen», oder auch die Möglichkeit für Schulgruppen (mehr Infos zu den Spezialgruppen hier).
Doch nicht alles muss auf Facebook passieren – manchmal ist es sogar sinnvoller, eine eigene Plattform zu schaffen (zum Beispiel Intranet mit Wiki-Funktion). Gerade für tiefergehende Themen und Wissensmanagement empfehle ich das unbedingt.
Tipps und Ideen
Einige Tipps habe ich bereits erzählt: Offline-Treffen, Gamification und Kultur der Wertschätzung. Hier noch einige konkrete Ideen, um Gruppen aufzubauen und lebendig zu halten.
- Ein fixierter erster Beitrag heisst neue User willkommen (z.B. ein Begrüssungs-Video)
- Überlegt euch, was dein Ziel ist mit der Gruppe. Sammelt daraus Ideen für Beiträge, welche als Inputs in die Gruppe gehen und lebendige Diskussionen anstossen.
- Leute sollen berichten, was für konkrete Schritte sie umsetzen wollen oder was sie für Erfahrungen gemacht haben. (z.B. regelmässig an einem «Action Monday»)
- Führt Umfragen durch, bei denen die Nutzer ihre Erfahrungen und Wünsche mitteilen können.
- Offline-Events stärken die Community!
- Schaut euch auch andere Gruppen an und ihre Strategien: https://www.facebook.com/groups/
Privatsphäre
Bevor ihr loslegt, noch ein Wort zu den Privatsphären-Einstellungen. Je nach Nutzungsziel der Gruppe macht die eine oder andere Einstellung Sinn.
Öffentliche Gruppe: Die Beiträge haben eine höhere virale Wirkung, weil sie öffentlich sichtbar sind. Allerdings habe ich auch schon das Feedback erhalten, dass Leute die geschlossenen Gruppen mehr schätzen für Fragen/Antworten. Die Hürde, eine Frage zu stellen oder einen eigenen Beitrag zu pinnen, ist tiefer, wenn nur andere Mitglieder dies sehen.
Geschlossene Gruppe: Diese empfehle ich für Austauschgruppen. Beispielsweise, wenn man Berater/Coach ist und eine Community aufbauen will, oder wenn man in der Branche Tipps austauschen möchte. Inhalte sind so nicht für alle sichtbar, die Gruppe kann aber über die Suchfunktion auf Facebook gefunden werden und wachsen.
Geheime Gruppen empfehle ich für fixe Teams. Hier geht es nicht primär drum, zu wachsen, sondern um Dinge in einer fixen Gruppe zu besprechen oder zu organisieren. Beispielsweise in eine Gruppe von Community-Managern, oder als Schule für die Kommunikation mit einer Klasse oder mit ehemaligen Studierenden.
Es kann durchaus sein, dass ein Unternehmen mehrere Gruppen braucht. Zum Beispiel für internen und externen Austausch. Oder um verschiedene Kundengruppen mit relevanten Inhalten bedienen zu können, damit die Dialoge für alle Mitglieder relevant und interessant sind und nicht zu allgemein werden.
E-Book «Facebook für Unternehmen: Das ABC»
Hast du mein kostenloses E-Book “Facebook-ABC für Unternehmen” schon? Darin habe ich das Wichtigste zum Start deiner Firma auf Facebook übersichtlich zusammengefasst.
Regelmässig gebe ich in Zürich Facebook-Kurse. In kleinen Gruppen, damit du das Maximum für deine konkrete Situation herausholen kannst.
Und jetzt ihr!
Was habt ihr für Erfahrungen gemacht? Was für eine Gruppe werdet ihr starten? Ich freue mich über Kommentare und Feedbacks!
7 Responses
Sehr interessanter Artikel. FB-Gruppen werden aus meiner Wahrnehmung heraus tatsächlich von Unternehmen sehr unterschätzt. Es kann eigentlich nicht einfacher sein, sich mit FB-Gruppen eine Fangemeinde aufzubauen, die auch mit dem Unternehmen interagiert.
Der Aufbau der Gruppe ist nicht immer einfach. Es kann auch sehr anstrengend sein. Aber Aufwand, das sich meiner Meinung nach lohnt. Manchmal passt auch die Beteiligung an Diskussionen in anderen Gruppen besser.
Hallo Sam…aber wie seiht es mit B2B-Unternehmern aus? die sind nicht so leicht in eine Velo-Community zu segmentieren. Und die verirren sich auch nicht auf FB.
Doch. Es gibt unzählige B2B-Gruppen auf Facebook und die sind oft deutlich aktiver, als Gruppen in Xing und LinkedIn, wo Leute meist nur ab und zu und kurz reinschauen.
Natürlich kommt es auf die Branche an, aber es geht auch wieder um Menschrn, und «B2B-Menschen» sind nicht weniger auf Facebook unterwegs.
Man muss sich überlegen, wie man einen echten Mehrwert schaffen kann – dabei kriegt man aber Hilfe von den erwähnten Effekten – dass andere (zB Kunden) auch mitschreiben und somit unterstützen.
Ich glaube, genau im B2B sind Facebook-Gruppen stark!
Danke für die rasche Antwort. Die Art von B2B von welcher ich spreche, sind Dienstleistungsunternehmen wie bspw. Beratungen. Da scheint mir die Seriosität, bzw. der Fun-Faktor auf Facebook zu niederig/zu hoch zu sein. Andererseits: Auch wenn man einen echten Mehrwert mitzuteilen hat, ist es schwierig genügend Leser (B2C) aktiv zu involvieren, sodass eine Community entstehen könnte und dadurch der B2B-Marketer das sieht.
Oder verpasse ich hier etwas?
Ja, die gute Nachricht ist: du verpasst etwas 😉
das heisst, es gibt mehr Potential, das du nutzen könntest.
Genau eben Dienstleistungsunternehmen und Beratungen wie auch Coaches etc profitieren enorm von Online-Funnels, die bei Facebook die genaue Zielgruppe ansprechen – ohne Witze und ohne eine Community aufbauen zu müssen! – und via Lead-Magnets kontaktierbar machen und schlussendlich auf geeignetere Kanäle führen für weiterführende Dialoge.
Das war jetzt mal eher allgemein zu Facebook im B2B. Ich hab unter «Angebot» «Webinare» ein Webinar genau zu diesem Thema.
Hier im Artikel geht’s dann mehr um Gruppen (nicht Seiten und Ads). Da muss man schon etwas erfahrener sein, aber die «organische» Wirkung kann dafür enorm viel höher sein, als die organische Wirkung einer Seite (in der Regel).
Gerne lade ich dich (und alle interessierte Leser) in unsere Online-Marketing-Gruppe ein: https://www.facebook.com/groups/kmu.mastermind/ da siehst du echte Menschen (also nicht alles 100% seriös, auch B2B ist nicht 100% seriös, wäre ja schade), die gute Fragen zum Thema stellen und beantwortet kriegen – oft von der Community selbst.